„Durch meine Musik will ich einfach sagen, dass ich das, was anders ist, akzeptiere und dass ich einen Weg finde, um damit in Frieden zu leben.”
Yasmin Levy, die große israelische Sängerin mit der bitteren Stimme, war die große Diva des diesjährigen Festivalschwerpunkts. Auf der Bühne erweckt sie mit wirbelndem schwarzen Kleid und einer an Fado erinnernden Stimme die Musik der spanischen Juden zu neuem Leben. TINYA hat mit der Künstlerin hinter der Bühne gesprochen und sie zur Besonderheit des Festivals, ihren persönlichen Favoriten und der Botschaft ihrer Musik befragt.
Von Tanz- und Folkfest Rudolstadt 2008 |
Über das Publikum des Festivals
„Ein tolles Publikum. Die Leute kommen in die Konzerte um zuzuhören. Sie kommen mit offenem Geist und Herz. Wirklich, die Leute kommen und hören, um etwas über die Kulturen der Welt zu erfahren. Und ich denke das ist fabelhaft für einen Künstler einfach so zu kommen, seine Musik mitzubringen und zu wissen, dass die Leute das zu schätzen wissen. Ja, für mich war es wirklich eine wunderbare Erfahrung hier, einfach toll.”
Was war für Sie das Festival-Highlight?
„Ja, ich habe etwas gehört. Ich habe sechs alte Damen aus Korea, nein, sorry aus der Ukraine gehört. Es war unglaublich. Weißt du, sie kommen und versuchen gar nicht erst sich zu präsentieren, ein „Konzert” zu machen. Sie bringen einfach ihr Zuhause und ihr Leben auf die Bühne und das ist das Reinste und Wunderbarste, was ich mir vorstellen kann.”
Über die Rezeption ihrer Musik in Israel
„Ich denke, ich kann jetzt sagen, dass es für mich vor einigen Jahren in Israel ein bisschen schwer war. Aber jetzt würde ich behaupten, dass die Israelis die auch durch die ganze Welt reisen und zu denen auch die Musik der ganzen Welt gelangt, sich mehr und mehr gegenüber anderen Kulturen öffnen. Wenn du heute nach Israel kommst, wirst du das bestätigt finden, was viele Auswärtige sagen: hier findet man im weltweiten Vergleich mit die enthusiastischsten Zuhörer. Wenn sie dich richtig mögen in Israel, dann spürst du das jede Minute. Sie wollen dich umarmen und küssen. Man fühlt förmlich die Liebe des Publikums in Israel. Ja, ich selbst brauchte einige Zeit: ich als Yasmin Levy mit meiner Musik, mit den Dingen die ich mache. Am Anfang hat mich die sephardische Gemeinschaft gar nicht akzeptiert, weil ich Veränderungen in die traditionellen sephardischen Lieder gebracht habe. Denn die traditionelle Art diese Lieder zu singen ist a capella, nur mit Stimme. Aber ich wollte diese Lieder aus Israel herausbringen und einem größeren Publikum vorstellen besonders jüngeren Leuten in der ganzen Welt. Daher habe ich Einflüsse aus der andalusischen, türkischen und arabischen Musik verwendet. Und dank dieser Arbeit habe ich es geschafft die Lieder in der ganzen Welt bekannt zu machen. Auch an Orten wie der Carnegie Hall oder dem Opernhaus in Sydney, wo man nie zuvor Ladino-Lieder gehört hat.”
Über ihr künstlerisches Konzept
„Ich habe keine Regeln. Meine einzige Regel ist: das, was ich als schön empfinde, das, was mir Freude bereitet, wenn ich singe. Es ist meine Pflicht als Künstler mich verschiedensten Einflüssen zu öffnen und es ist die Pflicht des Publikums das zu akzeptieren, einfach offen zu sein und vielleicht etwas Neues für sich selbst in dieser Musik zu finden.
Zum Beispiel habe ich Heavy Metal gesungen. Da habe ich mich natürlich gefragt: Was habe ich überhaupt damit zu tun? Aber im Nachhinein war das eine ganz wunderbare Sache. Ich sage einfach niemals nein. Ich sage mir stattdessen: lass uns da mal reinhören. Und wenn ich es mag, wenn ich mich selbst darin wieder finde, dann arbeite ich mit diesen Künstlern zusammen.”
Über ihre Sprache
„Meine Muttersprache ist hebräisch und natürlich spreche ich spanisch, weil ich es gelernt habe. Aber Ladino, also die sephardische Sprache, spricht man in meiner Generation leider nicht mehr. Nur die alten Leute, die 80 oder 90 Jahre alt sind. Das ist eine sehr traurige Geschichte, weil es in 50 Jahren diese Sprache nicht mehr geben wird. Die einzige Sache, die sich von dieser Kultur erhalten wird, werden die Lieder sein. Daher betrachte ich es als meine heilige Pflicht, als eine Mission diese Lieder so weit zu verbreiten wie ich kann.”
Gibt es eine Botschaft in ihrer Musik?
„Wir alle haben in der Welt viele Kriege. Menschen bekämpfen sich, sind eifersüchtig, nehmen sich Dinge, die ihnen nicht gehören. Und das, denke ich, ist das Problem mit der Menschheit: wir akzeptieren uns nicht gegenseitig. Durch meine Musik will ich einfach sagen, dass ich etwas akzeptiere, was anders ist und dass ich einen Weg finde, um damit in Frieden zu leben. So einfach ist das. Und ich denke, das ist das Gleiche mit der Menschheit: wir müssen Menschen akzeptieren, die anders sind als wir, die eine andere Religion oder andere Traditionen haben. Wir müssen sie akzeptieren und lernen miteinander zu leben, das ist es.”
Yasmin Levy beim Tanz- und Folkfest Rudolstadt (6. Juli 2008)
Interview: Eckehard Pistrick und Helen Hahmann
Übersetzung: Eckehard Pistrick
Das vollständige Interview ist auf Anfrage erhältlich.
Zitate aus dem Interview dürfen nur nach Rücksprache mit den Autoren: info@tinya.org verwendet werden! Do not cite without permission of the authors!
Kurzbiographie Yasmin Levy
Yasmin Levy (* 23. Dezember 1975 in Jerusalem) ist eine sephardisch-jüdische Sängerin aus Israel. Sie ist die Tochter von Yitzhak Levy, einem Rechercheur und Forscher der Ladino-Musik, die Musik der spanischen und portugiesischen Juden. Er war eine Schlüsselfigur in der Forschung und Erhaltung der jüdisch-spanischen Kultur, die in Spanien bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht.
Bei ihren Liedern werden Instrumente wie z.B. die spanische Gitarre verwendet, sowie auch persische Instrumente wie Oud, Violine, Cello, Perkussion und das Piano. Mit ihrem Debütalbum „Romance & Yasmin” (Ladino) aus dem Jahr 2000 kam sie in die Nominierung von BBC World Music Awards 2005 als bester Newcomer.
Ihr Album „La Judería” erschien ebenfalls 2005. Mit ihrem tiefgründigen, spirituellen und bewegenden Gesangsstil bewahrt und revitalisiert Yasmin die schönsten Songs des Ladino-Erbes, gemischt mit andalusischem Flamenco.